Veranstaltungen in Ohrdruf

 

Die Forschungsgemeinschaft Tag der Briefmarke e. V. im Bund Deutscher Philatelisten e. V. präsentierte sich und ihr Sammelgebiet aus Anlass der Ausgabe des Postwertzeichens zum Tag der Briefmarke 2008 in Ohrdruf. Am 4. September 2008 war sie im Rewe – Markt der Stadt, der auch die Post beherbergt, auf einer Veranstaltung der Briefmarkensammler aus Gotha und Umgebung vertreten, und am 7. September 2008 war sie zu Gast auf der Festveranstaltung des Landesverbandes Thüringer Philatelisten e. V. aus Anlass des Tages der Briefmarke im Ohrdrufer Schloss Ehrenstein.

 

Beide harmonischen Veranstaltungen waren ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass die Verankerung im regionalen Milieu und die ernsthafte Kooperation mit Partnern beispielsweise in  Stadtverwaltungen und der regionalen Presse auch heute noch zu lebhaft von Nichtsammlern besuchten und öffentlich wahrgenommenen philatelistischen Ereignissen führen können.

 

Das starke Interesse der Bevölkerung an diesen Ereignissen hat auch für unser Sammlungsgebiet zu interessanten Erkenntnissen geführt, über die im Folgenden berichtet wird. Dass wir für unser Sammlungsgebiet profitieren konnten, verdanken wir der Gastfreundschaft von Mitarbeitern der Stadt Ohrdruf und der unserer thüringischen Sammlerfreunde, für die wir uns herzlich bedanken.

 

Die Straße von Ohrdruf nach Oberhof

 

Voraussetzung für die Einbindung Ohrdrufs in die Schnellpost von Berlin nach München im Jahre 1834 war der Bau einer Chaussée von Ohrdruf nach Oberhof in den Jahren 1830 bis 1832. Diese Straße bestand – baulich mehrfach modernisiert - bis zum Jahre 1959, als wegen des Baus der Ohratalsperre (1960 – 1966) ihr Verlauf geändert wurde. Damals wurde die Straßenführung durch den Silbergrund von Luisenthal zur Wegscheide verlegt. Aber noch heute kann man die alte Poststraße begehen, wenn sie im Silbergrund aus dem nordwestlichen Arm der Talsperre auftaucht. In regionalen Karten ist sie als „Alte Ohrdrufer Straße“ verzeichnet.

 

Bis heute sind die charakteristischen Merkmale der damals „chaussirten“ Straße zu erkennen: die Aufschüttung, die Bankette, die Entwässerungsgräben und der Baumbestand. Peter Cramer und Manfred Ständer, Mitarbeiter der Stadt Ohrdruf, haben die Hinweise gegeben, die ich benötigte, um zu sehen, denn bekanntlich sieht man nur, was man weiß.

 

Diese Hinweise ließen mich auch einen Haufen behauener Steine als Reste der Unteren Schweizer Hütte erkennen, die auf dem Gemälde der letzten Fahrt einer Postkutsche von Ohrdruf nach Oberhof im November 1916 zu sehen sind. Die Hütte wurde Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts abgerissen. Mit dem Bau der Talsperre stand sie im Wasserschutzgebiet und die Technik für die Entsorgung der Fäkalien stand den Erbauern des neuen Trinkwasserreservoirs nicht zur Verfügung. Das hat uns ein leitender Mitarbeiter des Talsperrenbaus beim Besuch unseres Standes im Schloss Ehrenstein mitgeteilt.

 

Die Schützenscheibe und ihre Stifter

 

Peter Cramer, Leiter des Museums im Schloss Ehrenstein, hat in seinem Vortrag auf der Festveranstaltung am 7. September berichtet, dass die Stifter der Scheibe, die Schützenmeister Johann Georg Martin und Christian Sänger, also die Vorsitzenden des Schützenvereins, der erste 1834 und der zweite 1835 amtiert und die Scheibe offenbar gemeinsam in Auftrag gegeben hätten. Wolfgang Meister, heutiger Vorsitzender der Ohrdrufer Altschützengesellschaft 1554 e. V., der uns mit seiner Gattin am 7. September am Stand besuchte, berichtete, dass damals eine Scheibe zum Beschuss gestiftet worden sei, ein anderes Exemplar habe nicht existiert. Die Scheibe habe in den wechselnden Vereinslokalen gehangen. Das Datum des Verlustes des Originals sei bis heute nicht festzustellen gewesen. Der Verein sei noch immer auf der Suche nach einem Inventar, das – wohl in Vorausahnung kommender Ereignisse – 1943 aufgestellt worden sei, um festzustellen, ob, was vermutet wird, die Scheibe damals noch vorhanden war.

Die Post des Hauses Sachsen – Coburg – Gotha

 

Auch wenn es sich das kleine Herzogtum nicht leisten konnte, selbst die Post zu organisieren und Thurn und Taxis zu entschädigen, was nach dem Wiener Kongress 1815 Rechtsgrundlage war, setzten die beiden 1826 vereinten Gothaischen Häuser 1827 im Postregal mit Thurn und Taxis ihre Landeshoheit durch. Geregelt war, dass die Postbediensten die Uniform des Landes und die Postillione dessen Livrée zu tragen hatten. Aufschlussreich war die Unterhaltung mit Horst Mortag, ehemals Abteilungsleiter des Post – und Fernmeldeamtes Gotha und jetzt sachkundiger und rühriger Autor der Postgeschichte im Gothaer Land, mit dem ich mich ebenfalls im Schloss Ehrenstein am thüringischen Tag der Briefmarke unterhalten konnte. Mortag hat gerade ein neues Werk abgeschlossen, das zum Druck ansteht, in dem er sich auch mit den Postuniformen der Länder und Herrschaften beschäftigt. Sein eindeutiges Urteil: Der Postillion auf der Schützenscheibe trägt die Livrée des Herzogtums Sachsen – Coburg – Gotha.

 

In der Unterhaltung mit Horst Mortag hat sich herausgestellt, dass auch die Kutsche – der Eilwagen – aus dem Herzogtum stammt. Es waren die Postmeister, die die Eilwagen, Chaisen und sonstigen Gefährte zu stellen hatten, denn zu deren Beschaffung erhielten sie Geld von der Herrschaft. Das bedeutet nicht, dass eine im Gothaer Land eingesetzte Kutsche nicht preußischer oder anderer Bauart hat sein können, aber sie war Gothaer Besitz – und deshalb das herzogliche Wappen darauf.

 

Das Schützenfest 1835

 

Ohrdruf, die hohenlohische Residenzstadt unter Gothaer Herrschaft, hatte zu jener Zeit eine Wochenzeitung, die „Wöchentliche Anzeigen“ hieß. Der Freitag nach dem Erstausgabetag des Postwertzeichens zum Tag der Briefmarke bot die Chance, mit der freundlichen Hilfe Peter Cramers, der auch das Stadtarchiv leitet,  die Bestände des Archivs der Stadt Ohrdruf durchzusehen. Eine dem Umfang und dem Inhaltsreichtum nach erstaunliche Hinterlassenschaft, die dort zu erforschen ist.

 

Das Schützenfest war ein gesellschaftliches Ereignis, wie die Vorankündigungen in der Gazette zeigen.

 

Die beiden Schützenmeister des Vereins luden zur Veranstaltung ein, die schießsportlich ein Luft-, Vogel- und Schützenscheibenschießen bot. Natürlich kündigte der Wirt der Veranstaltung schon damals die ergötzliche kulinarische Versorgung an und auch die - nahezu - circensische Attraktion einer Kunstreitertruppe ist angekündigt worden. Das war im Übrigen nicht nur 1835, sondern jedes Jahr in Ohrdruf so, dass das Schiesssportereignis mit allerlei Lustbarkeiten verbunden war..

 

Der Jahrgang 1834 der Wöchentlichen Anzeigen ist im Archiv der Stadt Ohrdruf leider nicht überliefert. Womöglich hätte er Alltägliches zur Eilwagenanbindung Ohrdrufs an die weite Welt mitgeteilt.

 

Das Replikat von 1990

 

Die Reproduktionen der Schützenscheibe, die von der Deutschen Post 1990 aus Anlass des Jubiläums 500 Jahre Post angefertigt worden sind, waren offenbar von verschiedenen Kopisten reproduziert worden: Die vier in Ohrdruf von unterschiedlichen Besitzern vorgezeigten Exemplare tragen Namen oder Namenszeichen unterschiedlicher Personen und sie sind im Detail unterschiedlich ausgeführt – in Nuancen der Gestaltung und der Farbgebung.

 

Am 4. September im Rewe – Markt besuchte uns eine ehemalige Mitarbeiterin der Post, die das Replikat 1994 im Ohrdrufer Postamt aus Anlass des 100jährigen Bestehens des dortigen Postamtes verkauft hat. Sie erinnerte sich nicht an die Zahl der verkauften Exemplare, wohl aber an deren Ausverkauf und den Verkaufspreis von 50,-- DM.

 

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